Acht FlBedächtig geht es zu im Pfarrzentrum von St. Clemens und St. Pankratius in Inden/ Altdorf. In ruhiger Atmosphäre könnuchtgeschichten in Bildern
"Verwundete Seelen" in Linnich
Von Arne Schenk [18.02.2017, 08.46 Uhr]
Verwundete Seelen sind sie alle: Flüchtlinge, die gegenwärtig in Linnich untergebracht sind. Als Künstler betätigen sich derzeit viele von ihnen, indem sie ihre Eindrücke und Erfahrungen in Bilder umsetzen. Ziel ist anschließend eine Ausstellung mit dem Titel „Verwundete Seelen – Erlebnisse suchen nach Ausdruck“.
Interessiert betrachtet Maria Therese Löw die Ergebnisse ihrer „Schüler“. Dabei kommt es neben der Gestaltung auch auf die Farbgebung an. |
Bedächtig geht es zu im Pfarrzentrum von St. Clemens und St. Pankratius in Inden/ Altdorf. In ruhiger Atmosphäre können die Anwesenden ihren Gedanken und Ge- fühlen nachgehen und diese in künstlerischer Gestaltung zu Papier bringen. Weit- ab vom Flüchtlings-Alltag in Linnich und noch weiter weg von den furchtbaren Ge- schehnissen in ihrer Heimat – in Nigeria, Marokko, Guinea, Syrien, Eritrea und Palästina.
Ein flauschig brauner Teddybär, der von roten Flammen im Hintergrund be- droht wird, versinnbildlicht das Leid un- schuldiger Kinder als Opfer des Krieges. Ein Kelch, rot gefüllt mit dem Blut der Opfer, Früchte als Zeichen der Nahrung, die fehlt, aber auch ein Bild von Jesus am Kreuz befinden sich unter den Darstellungen. „Eigentlich ist er gestorben, um die Welt zu retten, aber der Mensch zerstört sie selber wieder“, erklärt Maria Therese Löw, Leiterin der Malaktion, die Intention hinter dem Motiv. Ob Christen oder Moslems – hier im geschützten Raum des Pfarrzentrums braucht niemand seine Überzeugung zu leugnen.
Im Glauben stecke auch eine ganz enorme Hoffnung und gebe den Flüchtlingen in der fremden Welt Halt, ergänzt Angelika Schickler-Leyens. Sie gehört mit Margret Peek-Horn, Lore Hilger und Emmanuel Ndahayo zu der Initiativgruppe in der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit in Linnich, die diese Malaktion ins Leben gerufen hat und auch vor Ort ist. Viel Erfahrung in Sachen Kunst bringt Maria Therese Löw als pensionierte Oberstudienrätin für die Fächer Kunst und Deutsch, auch am Gymnasium Haus Overbach in Barmen, mit. Es ist ihr zweiter Kurs dieser Art. Ein dritter mit Flüchtlingskindern be- findet sich bereits in Planung.
Den Flüchtlingen fühlt sie sich sehr verbunden, hat bereits mehrere Deutschkurse veranstaltet. Momentan unterrichtet sie in Düren Flüchtlinge. „Dadurch kommt ja auch eine Nähe zustande“, be- kräftigt sie. „Man erfährt unheimlich grausame Schicksale und großes Leid.“ Da sie zudem fast 40 Jahre lang Kunstleh- rerin war, erscheint der Schritt zum Malkurs nur logisch. Quasi als Ergänzung zum Deutschunterricht. „Es ist ja auch eine Sprache. Eine Bildsprache, die sich durch Motive und Farben ausdrückt, gegenüber der Textsprache, die in Worte gekleidet ist.“
So würde durch den Pinsel das Unbe- wusste freigesetzt, meint Maria Therese Löw. Das Unterbewusstsein bringe vieles malerisch zum Ausdruck. Unbewusst sei auch häufig die spontane Farbwahl, ein helles Gelb oder Blau als leuchtende Zei- chen der Hoffnung. Durch dunkle Farben würden umgekehrt Ängste, Traurigkeit oder Trauer ausgedrückt. So widmen sich die Künstler hingebungsvoll ihren Wer- ken. Mit Acrylfarbe entstehen auf den Leinwänden auch ganz konkrete Motive, Kinder und Frauen, die im Kugelhagel fallen, Menschen, die bei der Flucht über das Meer mit den Schiff untergehen, und Politiker, die von einer immer größer wer- denden Menge dazu verleitet werden, sich für eine Abschiebung stark zu machen.
Doch nicht nur Ängste und Schrecken werden in den Werken verarbeitet, auch die Hoffnung und Sehnsucht nach Frieden finden ihren Platz. Die Erinnerung an eine Heimat, die in Gedanken einem Paradies gleicht, bevor die Diktatur das Leben dort unmöglich machte oder die Zerstörung über das Land hinwegzog. Menschen, die nie zur Schule gegangen sind, besuchen den Kurs, aber auch eine Studentin der Mathematik und ein Physiker, der ein Bild mit Einsteins Formel der Relativitätstheorie verziert hat – auch in der Hoffnung, irgendwann wieder seinen erlernten Beruf ausüben zu können. Viele von ihnen haben noch nie einen Pinsel in der Hand gehalten, nie ein Bild gemalt. Dennoch habe Maria Therese Löw bereits einige Naturtalente „entdeckt“. Trotz des ernsten Themas Begeisterung für die Malerei zu wecken, ist neben der Begegnung mit unterschiedlichen Kulturen für sie das Reizvolle an ihrer ehrenamtlichen Arbeit. Die Malerei könne durchaus ein lebenslanger Begleiter sein. „Das ist ja gut für die Seele.“
Zu sehen sind die Ergebnisse der Malaktion in der Ausstellung „Verwundete Seelen“ vom 7. bis zum 10. März in der Evangelischen Gemeinde Linnich, Altermarkt 10. Die Ausstellungswoche begleiten zwei Filmvorführungen: „Um zu leben“ und „Fremde Heimat“.
Informationen unter Tel.0 24 61/9 96 60.
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